»Sechs Wochen sind fast wie lebenslänglich …« – Das Potsdamer Polizeigefängnis Priesterstraße/Bauhofstraße

Werkstattausstellung 12. Dezember 2017 bis 29. April 2018

»Ich verbrachte da einige Tage in einem Raum ohne Bett. Ich schlief auf nacktem Beton. Wenn man nur zwei Wochen bei der Gestapo war, konnte man von Glück reden, wenn man da sechs Wochen war, das war fast so wie lebenslänglich«, erinnert sich der polnische Zwangsarbeiter Stefan Pychowski an das Polizeigefängnis Priesterstraße.

1925 entstand das erste Gefängnis auf dem Gelände des Polizeipräsidiums Potsdam in der Priesterstraße 11-13. Am gleichen Ort wurde ab 1937 ein größeres Gefängnis für den Bedarf der Geheimen Staatspolizei gebaut. Nach 1945 wurde die Straße in Bauhofstraße umbenannt. Das Gebäude wurde nun als Polizei-, Staatssicherheits- und Untersuchungshaftgefängnis genutzt. 2002 wurde es schließlich abgerissen.

Zwischen dem Gefängnis Lindenstraße und dem Polizeigefängnis gab es vielfältige Beziehungen. Zur Zeit des Nationalsozialismus saßen u. a. Angehörige der Widerstandsgruppe »Gemeinschaft für Frieden und Aufbau« zeitgleich in beiden Potsdamer Gefängnissen. Ab 1950 wurden zahlreiche Häftlinge vom Staatssicherheitsdienst der DDR, der zu dieser Zeit die Bauhofstraße als Untersuchungshaftanstalt nutzte, an den sowjetischen Geheimdienst in der Lindenstraße ausgeliefert.

Die Werkstattausstellung entstand anlässlich der Retrospektive »Leben ist Glühn. Der Expressionist Fritz Ascher« vom Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte und Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim. Während der Novemberpogrome 1938 wurden jüdische Männer und Frauen vom Polizeigefängnis aus ins Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt. Unter ihnen Fritz Ascher, der später illegal im Grunewald untertauchen und so den Zweiten Weltkrieg überleben konnte. Die Werkstattausstellung tritt damit in einem spannungsreichen Dialog zur Kunst eines von den Nationalsozialisten diffamierten und verfolgten Künstlers.

Heute erinnert nichts mehr an dieses Gefängnis und seine Geschichte. Die Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße hat diesen bis heute kaum bekannten Erinnerungsort der Repressionsgeschichte in der Zeit des Nationalsozialismus und der DDR wieder in das Gedächtnis der Stadt Potsdam zurückgeholt.



Begleitprogramm

12. Januar 2017
Eröffnung der Sonderausstellung

Die Werkstattausstellung wurde mit Grußworten von Dr. Ulrike Gutheil, Staatssekretärin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, Dr. Birgit-Katherine Seemann, Fachbereichsleiterin Kultur und Museum der Landeshauptstadt Potsdam und Stiftungsratsvorsitzende der Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße, Uta Gerlant, Leiterin der Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße, und Dr. Jutta Götzmann, Direktorin Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte, feierlich eröffnet. Musikalisch umrahmt wurde der Abend von Hyojin Kann auf der Geige.


20. Januar 2018 | 15:30 Uhr
Führung mit der Kuratorin Astrid Homann


15. Februar 2018 I 18 Uhr
»Gemeinschaft für Frieden und Aufbau« – Verfolgung der Widerstandsgruppe

Vortrag von Barbara Schieb (Gedenkstätte Stille Helden Berlin) über Eugen Herman-Friede und Lesung aus »Für Freudensprünge keine Zeit. Erinnerungen an Illegalität und Aufbegehren« von Eugen Herman-Friede mit dem Schauspieler Marc Zwinz


15. März 2018 I 18 Uhr
Haft im Gefängnis Bauhofstraße nach 1945

Zeitzeugengespräch mit Helga Scharf