Foyerausstellung „ENTRECHTET“

24. März 2023 – 7. Januar 2024 (verlängert bis 17. März 2024)

Vor 90 Jahren, am 23. März 1933, entmachteten die Abgeordneten des Reichstags mit der Verabschiedung des „Ermächtigungsgesetzes“ sich selbst als Parlament und ebneten den Weg in die NS-Diktatur. Wenige Tage später begann die systematische Entrechtung und Ausgrenzung von Menschen jüdischer Herkunft. Die Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße erinnert und gedenkt diesen Menschen mit dem Buch „Ich lebe für das Recht. Der Potsdamer Jurist Ludwig Levy (1883-1966).“ sowie mit der Foyerausstellung „ENTRECHTET“. Ludwig Levy teilte das Schicksal der Verfolgung mit über 600 Menschen jüdischer Herkunft allein im Gebiet der heutigen Stadt Potsdam.

Ludwig Levy, Anfang der 1920er Jahre, Foto privat

Ludwig Levy, Anfang der 1920er Jahre, Foto privat

Die mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 beginnende Entrechtung von Juristen jüdischer Herkunft durch die NS-Regierung betraf in Potsdam drei Richter, einen Staatsanwalt und zwölf Rechtsanwälte. Anders als die Mehrheit der jüdisch verfolgten Menschen gelang einigen von ihnen die Ausreise ins Ausland. Anhand der ausgewählten Biografien von Dr. Gustav Herzfeld (Rechtsanwalt), Fritz Hirschfeld (Vorsitzender Richter des Arbeitsgerichts), Ernst Stargardt (Staatsanwalt), Ernst Westphal (Richter), Dr. Ludwig Levy (Rechtsanwalt und Notar) und Alfred Lehmann (Rechtsreferendar) werden die Folgen der massiven staatlichen Entrechtungs- und Verfolgungsmaßnahmen für das persönliche Berufs- und Privatleben der Betroffen deutlich.

 

 

Alfred Lehmann, um 1935, Foto privat

Alfred Lehmann, um 1935, Foto privat

Dem in Potsdam geborenen Alfred Lehmann beispielsweise verboten die NS-Gesetze 1933 die Beendigung seiner Ausbildung zum Juristen. Mit 35 Jahren war er gezwungen, anderweitig seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Wegen einer Liebensbeziehung zu einer jungen Frau wurde er 1938 verhaftet und in der Lindenstraße inhaftiert, bevor er wegen „Verstoß gegen Rassengesetze“ zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Er starb 1941 im KZ Groß-Rosen.

Die Ausstellung erinnert an eine bisher nur wenig beachtete Personengruppe als Betroffene nationalsozialistischer Verfolgung in Potsdam, die aus beruflichen Gründen mit dem Gerichts- und Haftort Lindenstraße in Verbindung standen. Anlässlich des 90. Jahrestags der Machtübertragung an die NSDAP vergegenwärtigt und erinnert die Schau damit exemplarisch an über 600 Potsdamerinnen und Potsdamern, die nach 1933 als Juden verfolgt, entrechtet, vertrieben und ermordet wurden.

Gefördert durch die Landeshauptstadt Potsdam und die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung.