Teilnahme an der Aktion „Tat-Orte markieren – Menschen gedenken“

Die Gedenkstätte Lindenstraße und das Amtsgericht Potsdam beteiligen sich an der Aktion „Tat-Orte markieren – Menschen (ge)denken“, die vom 22. April bis 8. Mai 2023 Tat-Orte nationalsozialistischer Verbrechen in ganz Brandenburg sichtbar macht.
 
Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 entwickelte sich der Gerichts- und Haftkomplex in der Lindenstraße 54/55 zu einem Ort ideologisierter und rassistischer Strafjustiz: Ein „Erbgesundheitsgericht“ entschied von 1934–1944 in mehr als 4.000 Fällen über Zwangssterilisationen. Das im selben Haus ansässige Amtsgericht verurteilte seit 1939 hunderte Zivilist:innen und Zwangsarbeiter:innen selbst wegen geringsten Verstößen zu unverhältnismäßig hohen Strafen. Zudem waren viele der vor dem seit Herbst 1943 auch in Potsdam tagenden Volksgerichtshof Angeklagten in der Lindenstraße inhaftiert. Das Sondergericht verhängte in menschenunwürdigen Prozessen mindestens 55 Todesurteile. Die Lindenstraße war zwischen 1933 und 1945 ein Ort des NS-Terrorapparates.
 
Im Gebäude des heutigen Amtsgerichts saß von 1883 bis 1945 das Landgericht Potsdam, seit 1910 befanden sich in einem Ergänzungsbau auch zahlreiche Abteilungen des Amtsgerichts. Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 wurden Land- und Amtsgericht zu einem Ort ideologisierter und rassistischer Strafjustiz. Neue strafrechtliche Bestimmungen manifestierten die Diskriminierung und Entrechtung verschiedener Gruppen, deren Verhalten das NS-Regime kriminalisierte, um sie aus der „Volksgemeinschaft“ auszuschließen. Richter und Staatsanwälte nutzten große Entscheidungsspielräume, um Menschen aufgrund ihrer politischen Gesinnung, ihrer religiösen Zugehörigkeit, ihrer sexuellen Identität oder aus vielen anderen Gründen zu verfolgen und als Kriminelle zu unverhältnismäßig harten Strafen zu verurteilen. Seit Herbst 1943 tagten in diesem Gebäude auch einzelne Senate des „Volksgerichtshofs“. Für das Sondergericht sind bisher mehr als 220 menschenunwürdige Prozesse dokumentiert, von denen der „Volksgerichtshof“ mindestens 55 Todesurteile fällte. Der Justizort in der heutigen Hegelallee gehörte zwischen 1933 und 1945 zu den Orten des NS-Terrorapparates.