„Auf dem rechten Auge blind… Politische Justiz in Potsdam zwischen 1919 und 1933″

Die Sonderausstellung „Auf dem rechten Auge blind… Politische Justiz in Potsdam zwischen 1919 und 1933“ blickt kritisch auf die Rechtsprechungspraxis am Potsdamer Amts- und Landgericht in der Zeit der Weimarer Republik. Vom 8. September 2023 bis 7. Januar 2024 (verlängert bis 17. März 2024) präsentiert die Schau bisher kaum thematisierte Aspekte der Potsdamer Stadtgeschichte in der Zeit der Weimarer Republik und ergänzt die Hausgeschichte des Justiz- und Haftkomplexes in der Lindenstraße 54/55 als Ort der Untersuchungshaft und des politischen Unrechts um wesentliche neue Erkenntnisse.

Der Anspruch einer Demokratie ist, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln sind. Ausgehend von der Weimarer Reichsverfassung von 1919 erläutert die Sonderausstellung den demokratisch vereinbarten Rechtsrahmen, den diese der judikativen Gewalt in der jungen parlamentarischen Republik zubilligte. Doch die Weimarer Demokratie stand während der gesamten zwölf Jahre ihrer Existenz gehörig unter Druck. Ausgewählte Gerichtsprozesse mit nationaler Reichweite wie der „Weltbühneprozess“ gegen Carl von Ossitzky 1931 oder der Prozess gegen die Teilnehmer der antisemitischen Krawalle auf dem Kurfürstendamm 1931 in Berlin werden neu in den Blick genommen. Ergänzt um zahlreiche spannende Fälle politischer Justiz aus Potsdam – wie der Prozess gegen den Mörder des 17-jährigen Herbert Ritter in Nowawes/Babelsberg 1931 – verdeutlicht die Ausstellung die Diskrepanz zwischen gesetzlich geregelter Rechtsordnung auf der einen Seite und gerichtlicher Rechtswirklichkeit auf der anderen Seite. Die Tendenz „Milde gegen rechts, rigide Härte gegen links“ ist auch in Potsdam nachweisbar. Sie bekräftigt die zeitgenössische Einschätzung, dass die Justiz „auf dem rechten Auge blind…“ war.

Die neue, von Dr. Johannes Leicht kuratierte, Sonderausstellung veranschaulicht mit aussagekräftigen Objekten, bisher unbekannten Zeitzeug:innenberichten, vertiefenden Biografien von Richtern und Gefängnismitarbeitenden sowie erstmals gezeigten Abbildungen, wie die Bereitschaft zur politisch tendenziösen Rechtsprechung zur Aushöhlung des Rechtsbewusstseins in der Bevölkerung, zum Vertrauensverlust in rechtsstaatliche Prinzipien sowie zur abnehmenden Akzeptanz der Demokratie beitrug.

Die Ausstellung in deutscher und englischer Sprache wird durch ein Begleitprogramm mit Kuratoren-Führungen, thematischen Stadtrundgängen, einer Führung in Leichter Sprache sowie einer Filmveranstaltung ergänzt. Es erscheint ein Katalogband und ergänzend ein Audioguide in Leichter Sprache.

Gefördert durch das Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg und durch den Weimarer Republik e.V.

               

 

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