„Wir dachten, wir können die Welt aus den Angeln heben. Die Unabhängige Initiative Potsdamer Frauen (1989 bis 1995)“

Eröffnung des Cafés im Frauenzentrum, 6. Juli 1990 © Jeanette Toussaint, Foto Henry Notroff

Eröffnung des Cafés im Frauenzentrum, 6. Juli 1990 © Jeanette Toussaint, Foto Henry Notroff

„Wir dachten, wir können die Welt aus den Angeln heben“, erinnert sich eine der Gründerinnen der Fraueninitiative. Politische Arbeit, Wahlkampf, Beruf, Familie…Woher die Energie kam, dies alles zu meistern, verwundert die Beteiligten noch heute.
Eine Sonderausstellung in der Gedenkstätte Lindenstraße würdigt vom 26. August 2022 bis zum 8. Januar 2023 am Beispiel der Unabhängigen Initiative Potsdamer Frauen das politische Engagement von Frauen während der Friedlichen Revolution und in der Transformationszeit.

Die Initiative gründete sich im Dezember 1989. Sie hatte ab Januar 1990, zusammen mit weiteren Gruppen der Bürger:innenbewegung und neu gegründeten Parteien, ihren Sitz im ehemaligen MfS-Untersuchungsgefängnis in der Lindenstraße. Mit ihrem Einsatz für die rechtliche, soziale und politische Gleichstellung beider Geschlechter war sie am Aufbau demokratischer Strukturen in Potsdam und im Land Brandenburg beteiligt.

Die Ausstellung folgt in drei Kapiteln dem Werdegang der Unabhängigen Fraueninitiative und den daraus entstandenen Projekten. Sie beginnt mit den Orten und Gruppen in Potsdam, die prägend für die Gründerinnen der Fraueninitiative waren und in denen sie sich demokratisches Rüstzeug angeeignet hatten, etwa im nichtstaatlichen Arbeitskreis Solidarische Kirche und in der evangelischen Ausbildungsstätte für Gemeindepädagogik. Im Zentrum der Ausstellung steht das Wirken der Fraueninitiative vom ersten Treffen im Dezember 1989 bis zur Auflösung im Sommer 1995. Da ist der Wahlmarathon 1990, an den sich alle in der Lindenstraße ansässigen Vereinigungen und Parteien erinnern. Neue politische Übergangsgremien entstanden, an denen die Frauen mitwirkten, seien es die Runden Tische der Stadt und des Bezirkes Potsdam oder der Regionalausschuss Berlin. Auch wichtige Aktionen wie Demonstrationen und Unterschriftensammlungen gegen die Einführung des bundesdeutschen Abtreibungsparagrafen 218 werden noch einmal lebendig. Ausgewählte Biografien zeigen, was die Frauen zu ihrem Engagement bewegte. Im dritten Kapitel geht es um Projekte, die aus der Unabhängigen Fraueninitiative entstanden sind. Zu den bekanntesten gehören das Autonome Frauenzentrum Potsdam e.V. und der Mädchentreff Zimtzicken. Mit Filmen, Fotos und Interviews mit damals engagierten Frauen und Weggefährt:innen wirft die Ausstellung einen Blick zurück auf die ereignisreichen Jahre. Doch was ist aus dem Aufbruch geworden und wie sieht es heute mit den geschlechterpolitischen Forderungen von damals aus? Diesen Fragen geht die Ausstellung im vierten Teil nach.

Zur Ausstellung erscheint ein rund 170-seitiger Katalog in deutscher und englischer Sprache, der neben den Texten und ausgewählten Abbildungen der Ausstellung auch einen Fachaufsatz über die Bedeutung des politischen Engagements von Frauen für den gesellschaftlichen Umbruch in Ostdeutschland enthält.

Ein umfangreiches Begleitprogramm mit Lesungen, Filmveranstaltungen, Diskussionen, Führungen, Stadtführungen und Workshops für Jugendliche vertieft ausgewählte Themen der Ausstellung und weitet zugleich den Blick hin zu neuen Aspekten.

Die Ausstellung und das Begleitprogramm werden gefördert aus Lottomitteln des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, von der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung, der Beauftragten des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur sowie vom Evangelisch-Kirchlichen Hilfsverein.

In Kooperation mit dem Autonomen Frauenzentrum Potsdam, dem Frauenpolitischen Rat Land Brandenburg e.V., dem Filmmuseum Potsdam, der Robert-Havemann-Gesellschaft/Archiv der DDR-Opposition, dem Mädchentreff Zimtzicken und Urania Potsdam.

Kuratiert von Jeanette Toussaint.